Wu Jian Akademie

Wu Jian Schwertkunst
Jian Fa

Die chinesischen Schwertkünste

Das chinesische Schwertfechten ist eine Besonderheit innerhalb der chinesischen (Hand-)Kampfkünste. Es gibt so gut wie keine einzelne spezialisierte Schwertschule in China. Das Schwert wurde immer innerhalb des Kung Fu Trainings als höchste Waffe unterrichtet. Auch ist das Wissen um die Kunst im Zuge der chinesichen Kulturrevolution verschütt gegangen und wurde – wenn überhaupt – im geheimen über Einzelpersonen weitergetragen.

Die für die Schwertkunst bekanntesten Kung Fu Stile in China sind das Tang Lang Quan und das WuDang Pai. Man sagt auch die Wu Dang Schwertkunst sei die Mutter aller chinesischen Schwertkünste. Die Techniken beider Stilen sind im Prinzip gleich, die Ausführung und Interpretation unterscheiden sich aber aufgrund der jeweiligen stilistischen Eigenarten und Prinzipien.

Tang Lang Jian

Wudang Jian

Zivil vs Krieg – Ausprägungen in der Chinesische Schwertkunst

Auch in den chinesischen Schwertkünsten gibt es immer wieder Diskussionen, ob diese oder jene Ausführungen und Waffen nicht „historisch korrekt“ seien. Um hier sich ein qualifiziertes Urteil bilden zu können, sollte man die Waffen und Techniken immer Kontext der Geschichte und den Bedürfnissen der jeweiligen Anwendungen betrachten. Die Entwicklung der Waffen folgt(e) immer den Anforderungen im Kampf bzw. in der Schlacht. Hatte der Gegner zum Beispiel eine neue, schwerere Rüstung, wurde dafür das Schwert eben durch Größe und Gewicht angepasst, um sie besser durchschlagen zu können.

Im Wu Jian System unterscheiden wir zwischen zwei Ausprägungen in den chinesischen Schwertkünsten:

1. Der kriegerische Ansatz
Dieser beinhaltet Waffen und Techniken für das Schlachtfeld im Krieg. Hier ist die Prämisse häufig: Schwere Rüstungen und/oder gut geschützte Kämpfer. Der Kämpfer muss Druck machen, um durch zukommen. Daher braucht man ein schwereres Schwert und setzt den Fokus mehr auf schnörkellose und einfache Techniken – Hiebe und Stiche. Dafür liegt der Klingenschwerpunkt mehr Richtung Spitze.

2. Der zivile und kompetitive Ansatz
Dieser beinhaltet Techniken und Waffen, die in einem zivilen Umfeld Anwendung finden. Ein Stichwort wäre hier das „Mantel & Degen“ Genre. Gegner tragen einfache Alltagskleidung und wenn überhaupt nur geringen Schutz. Hier kommt es auf Können, Finesse und feine Technik an. Schnitte und Stiche. Kunst. Chirurgie. Der Klingenschwerpunkt liegt mehr Richtung Parierstange.

An der Wu Jian Akademie haben wir uns auf den zivilen und kompetitiven Ansatz spezialisiert.

Das chinesische Schwert – Waffe der Könige

Das Jian

Das chinesische Jian wird seit ca. 2500 Jahren in China verwendet und ist ein zweischneidiges Langschwert. Erste historische Quellen erwähnen das Jian bereits im 7. Jahrhundert vor Christus. Eine der ersten bekannten Ausführung war das „Schwert von Goujian“.

Das Schwert wird weithin als die Waffe der Könige bezeichnet, ist sie doch die einzige Waffe, deren Ursprung allein darin liegt, gegen Menschen eingesetzt zu werden. Sein Symbolgehalt ist in allen Kulturen beträchtlich. Es ist die Waffe, die Amt und Würde ausstrahlt.

Ein Schwert definiert sich dadurch, dass es eine gerade zweischneidige Klinge hat. Waffen mit einer Schneide nennt man laut Definition Säbel. Eine gerade, beidseitig geschliffene Klinge ist zum einen schwer zu schmieden und zum anderen sehr kompliziert zu führen. Da die Schwertführung auf Geschwindigkeit ausgelegt ist, muss die Klinge aus hochwertigem Stahl bestehen und sehr leicht sein, ohne leicht zu zerbrechen. Diese Faktoren führen dazu, dass die Klingen wesentlich teurer und wertvoller sind als zum Beispiel ein vergleichbarer Säbel, der nur eine Schneide besitzt. Das gerade chinesische Schwert bildet da keine Ausnahme. Während ein Säbel eine Hiebwaffe ist, die oft noch leicht gebogen ist, um die Aufschlagswucht und die teilende Kraft zu vergrößern, ist ein Schwert wesentlich subtiler.

Der Schwerpunkt des chinesischen Schwertes in unserem Stil liegt weiter in Richtung Griff. So ist die Wucht bei Schlägen zwar nicht so groß, aber das Schwert kann in feinen, kleinen Bewegungen um den Schwerpunkt gedreht oder gewinkelt werden. Jede Drehung ist ein Schnitt, der Sehnen, Muskeln und Adern durchtrennen oder die Waffe des Gegners ablenken kann.

Wir verwenden in unserem Stil 1-Händer, 1,5 Händer und 2-Händer.

Es gibt zwei verschiedene Jian-Typen
1. Das größere, schwere Schwert nennt man „Wu Jian“ (kriegerische Schwert) oder das „Xiong Jian“ (männliche Schwert) und es hat eine scharfe Spitze.

 

2. Das leichtere, kleinere Schwert nennt man „Wen Jian“ (Übungsschwert) oder „Ci Jian“ (weibliches Schwert) und es hat eine leicht abgerundete Spitze.

Die Länge der Klingen der damaligen Einhand-Schwertversionen variierten zwischen 45 und 80 cm. Eine durchschnittlichen Schwert mit 70 cm Klingenlänge wog schätzungsweise zwischen 700 und 900 Gramm.

Chinesische Schwertkünste

Prinzipien & -Strategien

Die Wu Dang und Meihua Tang Lang Schwertformen und Techniken sind die wohl berühmtestens und mit unter anspruchsvollsten in der chinesischen Kampfkunst. Auch wenn hier oft die Rede von der Wudang-Schwertkunst ist, können auch einige Aspekte für die Tang Lang Schwertkunst in Frage kommen. Die Prinzipien lassen sich in vier Gruppen unterteilen:

1. Die Veränderung, der Wechsel richtet sich nach den Bewegungen des Gegners – ohne irgendeine bestimmte Regel

Dies ist bezeichnend für die Strategie und die Philosophie der Wudang-Schwertkunst. Das Training beginnt mit Formen und endet mit freiem Sparring. Die Techniken basieren auf den wechselnden Prinzipien des Tai Chi und des Bagua. Sie basieren auf dem Glauben, dass stetige Veränderung ein fester Bestandteil der Natur ist und ein Bestandteil der Prinzipien der Wudang-Schwertkunst sein sollte.

2. Attackiere den Gegner in seinem schwächsten Moment, vermeide grobe Gewalt und besiege ihn mit einem einzigen Angriff

Das ist das strategische Prinzip der Wudang-Schwerttechnik. Es besagt „folge der Angriffs-Energie des Gegners und mache sie dir zu eigen“; „bleib gelassen und erwarte den nächsten Zug des Gegners“; „starte deine Verteidigung später aber treffe ihn bevor er dich trifft“. Vermeide die direkte Konfrontation mit dem Gegner bzw. seinem harten Angriff und attackiere ihn, wenn seine Ausführung am schwächsten ist bzw. zum Ende kommt. Umrunde den Gegner aber attackiere ihn trotzdem in einer direkten Linie.Umkreise den Gegner um seine Angriffe zu erschweren.

Eine weitere Einzigartigkeit der Wudang-Schwerttechnik ist – obwohl man ein Schwert benutzt – dass die Angriffe des Gegners nicht unterbrochen, geblockt werden und es eigentlich zu keinem physischen Kontakt der Waffen kommt. Stattdessen findet der Schwertmann eine Lücke in der Verteidigung des Gegners und attackiert ihn mit Lichtgeschwindigkeit.

3. Der Körper harmoniert mit dem Schwert und das Schwert harmoniert mit dem Geist

Das ist der Schlüssel zur Wudang-Schwertkunst. Es unterstreicht die Wichtigkeit der Körperarbeit als Basis der Schwertführung. Der gesamte Bewegungsapparat – Oberkörper und Beinarbeit – bildet sozusagen mit dem Schwert eine Einheit. Der Körper bewegt sich wie ein Drache und das Schwert fließt wie Elektrizität. Die Fußarbeit ist leicht und agil; der Körper ist weich und flexibel. Charakteristisch dafür sind auch die Tai-Chi Hüfte und die Baqua Fußarbeit.

Genauso bedeutet es, dass das Schwert und der Geist verschmelzen und als eine Einheit zusammenarbeiten sollen. Das Schwert folgt den Gedanken, dem Geist. Die Kraft fließt durch die Schwertspitze und so fließt auch das Qi.

4. Neutralisiere den Angriff durch Körperarbeit und bewege dich schnell, leicht und standfest

Dies sind bedeutende Eigenschaften in der Wudang-Schwerttechnik. Der Stil ist bekannt für seine mannigfaltigen Variationsmöglichkeiten in Sachen Bewegung. Neben den gängigen vor- und zurück, links und rechts, finden auch viele Sprünge und Bewegungen auf dem Boden ihre Anwendung. Egal welche Bewegung auch immer – sie soll schnell, leicht und trotzdem stabil sein. Es wird gesagt, dass ein Schwertmann sich schnell wie der Wind bewegen und dennoch standhaft wie ein Berg sein soll.

Er entwaffnet den Gegner mit einer einzigen Attacke. Wenn er springt und durch die Luft wirbelt, erschreckt er die fliegenden Vögel. Wenn er über den Boden rollt, berührt er keinen Staub. Während seiner Attacke nimmt man nur einen leichten Luftzug wahr und sein Schwert ist unsichtbar. Während den fließenden, wechselden Bewegung nimmt man nur das reflektierte Licht des Schwertes, aber nicht das Schwert selbst wahr.

Chinesische Schwertkünste

Die Historie der Wu jian Schwertkunst

Das Wu Jian-System ist ein einmaliges Unterrichtskonzept zum Erlernen der chinesischen Schwertfechtkunst. Die Basis des Systems bilden verschiedene chinesische Schwertfechtkünste aus traditionelle Kampfkunststilen wie zum Beispiel dem Tang Lang Quan und dem Wundang Pai. Die Wurzeln des Systems reichen bis Anfang des 19. Jahrhunderts ins Lashoan Gebirge, der Region rund um die chinesische Provinz Qingdao zurück.

Hier lernte der „Urvater“ des Wu Jian-Systems, Großmeister Zhang Wan Fu, im Taiping-Tempel bei einem berühmten daoistischen Mönch namens Kuang Chang Xiu authentische und effektive Wudang Schwertechniken, die heute zutage in dieser Form kaum zu finden sind. Großmeister Zhang Wan Fu (Taji Meihua Tang Lang der Hao Familie) war ein landesweit respektierter Kampfkunstmeister und einer der wenigen, die nach der chinesischen Kulturrevolution die chinesische Schwertkunst und das Wissen darum lebendig hielten.

Großmeister Zhang Wan Fu

Als einzigartiger Kampfkünstler, der verschiedene Stile (Tang Lang, Lihue Bafa, Taiji, etc.) meisterte, verstand er es wie kaum ein anderer aus den verschiedenen Schwertstilen die Essenzen zu extrahieren und so die Fundamente des heutigen Wu Jian-System zu legen.

So entwickelte er gemeinsam mit seinem langjährigen Meisterschüler und Stil-Nachfolger Shifu Heiko Klisch das Wu Jian-Unterrichtssystem. Shifu Klisch ebenfalls ein Liebhaber und eine Koryphäe in Sachen chinesischer Schwertfechtkunst passte dabei den chinesischen Unterrichtsstil an westliche Unterrichtsmethodik an.